Malaysia => Singapore und ein freiwilliger "Gefaengnisaufenthalt"
Kuala Lumpur ist eine herrliche Stadt zum "Chillen". Man trifft Leute, bekommt neue Ideen und manchmal setzt man sie auch in die Tat um....
Ich habe Informationen ueber eine sehr alte Art der Meditaion bekommen. Das Internet verhalf mir dann auch gluecklicherweise kurzfristig zu einer Teilnahme in Singapore.
Tags darauf habe ich mich sehr frueh auf den Weg Richtug Singapur begeben. Meine Intention war, die wirre Stadt Kuala Lumpur mit moeglichst wenig Strassenverkehr zu verlassen. Das stellte sich anfaenglich auch als richtig heraus, der Nachteil allerdings war, dass so frueh kein Mensch auf der Strasse war, der sich als Informant zur Verfuegung stellen "wollte".
So fuhr ich 2 Stunden durch die Strassen von Kuala Lumpur ohne vorran zu kommen. Allerdings fand ich dabei den Highway, mit Richtungsweisern, mit denen ich etwas anfangen konnte.
MALAKKA war die einzige interessante Stadt auf dem Weg nach Singapur. Ein relaxter Ort mit einem sehr schoenen alten Stadtkern, gebaut von den Hollaendern. Dass es tatsaechlich die Hollaender waren, erkannte man an einer typischen hollaendischen Windmuehle. (Wann sieht man schon eine Windmuehle in Asien)
Sehr liebevoll gestaltete Touristen-Transportmittel. Je kreativer und je lauter die instalierte Musikanlage, desto mehr Kunden am Tag...
Der etwas andere BMW...
Wie in so vielen Gegenden muessen auch hier die Tiere (Schlange) fuers Geldverdienen sorgen. Leider, leider.....
Einen Tag meiner kurzen Reisezeit goennte ich diesem Fleckchen Erde, musste mich dann aber sputen, da mein Starttermin fuer den Meditationskurs unaufhaltsam naeher rueckte.
In SINGAPORE angekommen, hat sich diese Stadt bei mir gleich richtig beliebt gemacht. Mit Saetzen wie "Hier duerfen Sie ihr Fahrrad aber nicht hinstellen" war ich gleich motiviert, dieses kleine stark reglemntierte Laendchen zu verlassen. Wie ihr wisst, ist Singapur ein eigenstaendiges, wirtschaftlich erfolgreiches Land mit einer eigenen Waehrung (Singapur $).
Fuers erste war ja nur eine Uebernachtung angesagt. Meinen Flug nach Jave buchte ich dann auch relativ kurz nach Ende des Kurses. Ein Fehler wie sich spaeter herausstellte.
Am naechsten Tag ging es dann zum VIPASSANA - MEDITATIONSKURS
Zwei Begriffe gibt es in diesem Zusammenhang zu erklaeren.
DHAMMA und VIPASSANA
Buddha (Siddhartha Gautama) hat vor 2500 Jahren ein Gesetz im Zusammenhang mit dem Leben aufgestellt. Dieses Gesetz ist universell und natuerlich. Es ist der Dhamma und der ist in vier edlen Wahrheiten zusammengefasst:
1. Das Leben ist Leiden
2. Ursache des Leidens sind Begierde/Verlangen und Aversionen/Hass
3. Erloeschen die Ursachen, erlischt das Leiden
4. Zum Erloeschen des Leidens fuehrt der edle 8-fache Pfad
Der edle 8-fache Pfad ist etwas aehnliches wie die 10 Gebote in der Biebel. Zusammengefasst bedeuten Sie ein ehrliches und mitmenschliches Handeln. Da es sich beim Buddhismus nicht um eine Religion handelt, kann jede andere Relegion nebenher praktiziert werden.
Um das Leben auf dem achtfachen Pfade zu ermoeglichen, hat Buddha vor 2500 Jahren in Indien den Weg der Meditation perfektioniert. Der Weg ist die VIPASSANA - Meditation, die Buddha selbst letztendlich zur Erleuchtung fuehrte.
Vipassana bedeutet, die Dinge so zu sehen wie sie wirklich sind und nicht wie wir sie gerne haetten! Die Lehre besagt, dass alles vergaenglich und dem Wandel unterworfen ist.
Um an diesem Seminar teilzunehmen muss man sich 5 Regeln unterwerfen:
1. nicht luegen (einfachste Regel, da man zur noblen Stille verpflichtet wird, dass heisst, keine Kommunikation waehrend der folgenden 10 Tage auch keine Gesten oder Augenkontakte)
2. nicht stehlen
3. keine Drogen konsumieren (auch nicht rauchen oder Alkohol trinken!!)
4. keine sexuellen Aktivitaeten
5. keine Lebewesen toeten (nicht mal eine Muecke) Das ist gar nicht so einfach!
Das war eine ganz kurze Erklaerung dessen, worauf ich mich da eingelassen hatte.
Die knapp 50 Teilnehmer, ein Viertel davon waren Maenner, trafen sich am neuen "Marina South Pier", wo die fuer die Teilnehmer des Kurses reservierte Faehre bereit lag. Es fanden sich die unterschiedlichsten Leute ein und nur ganz wenige waren nicht aus Singapur.
Als wir unser Ziel, St. Johns Island, erreichten, sahen wir als erstes einen 4m hohen Zaun mit einem sehr vertrauenserweckend anmutenden Stacheldraht darueber und hohe Wachtuerme. Alcatraz war in seinen aktiven Zeiten eine Ferieninsel dagegen.
Wir wurden in eine der vielen Baracken...aeh ich meine natuerlich Haeuser gefuehrt. Dort mussten wir uns registrieren und dann alle Wertsachen abgeben. Einschliesslich Pass, Handy, Buecher und Schreibzeug. Man hat an persoenlichen Dingen nur Klamotten und Waschzeug. Dann bekamen wir unseren Schlafplatz zugeteilt sowie den Zeitplan fuer die naechsten 10 Tage.
4 Uhr wecken
4.30-6.30 Meditation
6.30-8.00 Fruehstueckspause
8.00-9.00 Gruppenmeditation (eine Stunde konsequent in der anfaenglich eingenommenen Sitzposition bleiben, kein Kratzen, keine sonstigen Bewegungen.)
9.00-11.00 Meditation
11.00-13.00 Mittagspause
13.00-14.00 Gruppenmeditation (s.o.)
14.00-17.00 Meditation
17.00-18.00 Kaffeepause (hier gab es nur noch Obst und Getraenke)
18.00-19.00 Gruppenmeditation
19.00-20.30 Informationen ueber Vipassana
bis 21.00 Uhr Meditation
21.30 Bettruhe
Das ergibt eine Nettomeditationszeit von 10.30 Stunden! Auf den ersten Blick hat man den Eindruck, der Lehrgang ist eine Mischung aus Knast und Erziehungslager. Wir essen einfachstes vegetarisches Essen (Grundsatz nicht zu toeten) und bekommen nicht mal Abendbort. 10 Tage ohne Schokolade, ohne suesses...... ueberraschender Weise ging es sehr leicht!
Nach dem ersten und letzten Abendessen fuer die naechsten 10 Tage gibt es die erste Meditationsstunde und anschliessend beginnt die Zeit der "noblen Stille". Kein Wort mehr zu den anderen auch kein Blickkontakt oder Gesten.
Puenktlich 9.30 geht das Licht aus.
Erster Tag, die Realitaet erreicht mich...4 Uhr und ich hoere zum ersten Mal den Gong.
Was heisst nun eigentlich Meditation?
Das bedeutet, das man die ganze Zeit auf einem Kissen sitzt (ein Glueck!), gerader Ruecken, gerade Kopfhaltung und geschlossene Augen. In den ersten 3 Tagen konzentriert man sich nur auf seine Atmung. Die Anapana-Meditation ist die Voraussetzung um spaeter Vipassana zu praktizieren. Man beobachtet Stundenlang die Luft die durch die Nase herein und wieder rausgeht. Dabei sollte man moeglichst an nichts anders denken. Das soll die Konzentration und die Wahrnehmung auf das Tatsaechliche schaerfen. Man soll lernen die Situation so zu beobachten wie sie ist.
Und hier haben wir das erste meiner Probleme. Ich glaube keiner, der nicht eigene Erfahrungen hat, kann sich vorstellen wie schwierig das ist. Die Gedanken sind wie eine Raubkatze. Staendig springt sie in den Kopf, schnappt sich die Konzentration und macht es sich danach gemuetlich. Manchmal schafft sie es 10 min und mehr unbemerkt dort zu liegen, bis ich sie verjage, nur damit sie sich kurze Zeit spaeter wieder einschleicht.
Die Gedanken haben noch einen weiteren Nachteil. Wenn die Schmerzen beginnen, und bei ungeuebten nicht Yogapraktizierenden kommen sie garantiert, helfen sie einem ein wenig darueber hinweg. Allerdings aergere ich mich, dass ich mich nicht konzentrieren kann und wuensche die Schmerzen zum Mond. Das sind negative Reaktionen auf meine Empfingungen, und genau die sind falsch.
Am 4. Tag lernen wir dann die Vipassana-Technik. Den Hintergrund zu erklaeren wuerde den Rahmen sprengen. Die Praxis ist relativ einfach. Man scannt die ganze Zeit seinen Koerper und versucht alle moeglichen Empfingungen zu beobachten. Man scannt nacheinander jedes Koerperteil vom Kopf bis zu den Zehen und wieder zurueck. Jeder Schweisstropfen der laeuft, jedes jucken, kribbeln und was es sonst noch so an Empfindungen gibt wird beobachtet. NUR beobachtet und man soll es mit Gleichmut hinnehmen. Eine ganz kleine Herausforderung fuer den Geist. Eine ganz ganz kleine....
Wenn du in einem Raum sitzt, die Temperaturen bei 35 Grad liegen, es sehr schwuel und windstill ist und dann jemand kommt und den Ventilator abstellt, damit die Meditierenden die Empfindungen besser spueren koennen, wird mir noch heisser. Und das liegt nicht nur an den Temperaturen. Hier ist Gleichmut gefragt. Ich uebe, uebe, uebe ......
Gleichmut bitte nicht mit Gleichgueltigkeit verwechseln.
Am 5 Tag kommt dann die letzte Schikane hinzu. Ab heute haben wir 3 mal am Tag eine Stunde Meditation, wo wir uns nicht bewegen duerfen. Die ersten 20 min sind o.k. Dann fangen die Schmerzen an. Nach einer dreiviertel Stunde weiss ich dann nicht mehr, wie ich sitzen soll. Mir wird heiss (Fehler!! Ich nehme es nicht mit Gleichmut, denn wuerde ich das tun, wuerde mir nicht heiss werden!) Wenn der Schlussarkord (Mantra) einsetzt bin ich derart erleichtert. (Falsch! Wenn ich es mit Gleichmut nehmen wuerde, waere die Erleichterung nicht da) Dann versuche ich meinen schmerzenden Koerper wieder aufzufalten. Anfaenglich sind die Bewegungen wie bei alten (sehr alten) Menschen.
Natuerlich veraendert man sich nicht in diesen 10 Tagen. Buddha sagte, man muss seiner Lehre mindestens ein Jahr geben, bei regelmaesssiger Meditation (zwei mal eine Stunde am Tag). Erst dann werden die Veraenderungen wirklich spuerbar!
Buddha hat das gleichmuetige Leben auch nicht in 10 Tagen erlernt. Er hat Jahre meditiert bevor er zu seiner Erleuchtung gelangte.
Der 10. Tag. Nach der Vormittagsmeditation ist das "noble Schweigen" beendet. Die Menschen um einen herum haben sich veraendert. Die Gesichter sind strahlender geworden! Das Umfeld wird laut. Jeder ist neugierig, wer sich hinter dem Tischnachbarn, dem Bettnachbarn oder auch dem Meditationsnachbarn verbirgt. Menschen mit denen man 10 Tage eine aussergewoehnliche Erfahrung geteilt hat. Die Gesichter um einen herum bekommen Namen, Geschichten werden erzaehlt warum ein jeder hier ist. Ob alle es in ihrem Alltag hinbekommen, zweimal am Tag zu meditieren, wird man sehen. Ich denke die meisten werden irgendwann schwach werden. Aber keiner, der bis zum Ende durchgehalten hat, wird diese gemachte Erfahrung bereuen!
Fuer mich war es eine meiner besten Entscheidungen an diesem Kurs teilzunehmen!!!
Anschliessend werde ich gleich von 2 Frauen eingeladen, die Zeit, die ich noch in Singapore bin, bei ihnen zu verbringen. Da ich schon auf dem Hinweg Pratima zugesagt hatte, freue ich mich nun auch ihre Familie kennenzulernen.
Ich lerne "Dallas" auf indisch kennen und was in einem koruppten Staat alles passieren kann! Aber das ist eine andere Geschichte.
Die letzten Tage in Singapur habe ich genossen und bedauert, dass ich nicht mehr Zeit uebrig hatte.
Das Wahrzeichen von Singapur. Der MERLION! Es ist ein Phantasiename und setzt sich zusammen aus Meerjungfrau (mermaid) und Loewe (lion). Der Loewe symbolisiert Staerke und der Fischkoerper den Ursprung aus und die Verbundenheit mit dem Meer.
Der Brunnen "FOUNTAIN OF WEALTH" steht im Guinessbuch der Rekorde und ist mit seinen 66 m Umfang der groesste der Welt. Der "Brunnen des Wohlstandes" bekam seinen Namen aus dem Chinesischen, wo Wasser fuer Leben und Wohlstand steht. Das nach innen fliessende Wasser bedeutet im Feng Shui einfliessende Reichtuemer.
Der Flieger auf die Insel Jave ist gebucht und in Yogyakarta treffe ich mich fuer 3 Tage mit einer Freundin um anschliessend wieder aufs Rad zu steigen um Richtung Osten/Bali aufzubrechen.